Rund 29 % aller Raumforderungen im Bereich des Wirbelkanals (Spinalkanal) sind spinale Neurinome. Dabei handelt es sich um gutartige (benigne), langsam wachsende Tumore, die insgesamt die häufigsten primären Wirbelsäulentumoren darstellen. [1] Primär bedeutet: Diese Tumorerkrankung entsteht im Bereich der Wirbelsäule – damit ist sie also nicht zu verwechseln mit Metastasen, den Absiedlungen anderer Tumorerkrankungen.
Synonym werden spinale Neurinome auch als Nervenscheidentumor oder Schwannom bezeichnet. Meist sind die gutartigen Tumoren von einer Bindegewebskapsel umgeben und verdrängen beim Wachsen umliegendes Gewebe. Durch ihre Kapsel sind sie also deutlich abgegrenzt und infiltrieren meist nicht in andere Strukturen.
Grundsätzlich können spinale Neurinome in jeder Altersgruppe vorkommen, am häufigsten sind sie aber zwischen dem 40. und 60. Lebensjahr – und das bei beiden Geschlechtern etwa gleich. Neuere wissenschaftliche Untersuchungen haben bei Männern primäre Wirbelsäulentumoren etwas häufiger beobachtet als bei Frauen. [2]
Was aber sind die Ursachen für Nervenscheidentumoren der Wirbelsäule? Meist treten spinale Neurinome unabhängig von typischen Symptomen auf, oft werden sie daher zufällig entdeckt. Etwa nach einer längeren Latenzzeit von durchschnittlich 20 Jahren nach einer herkömmlichen Strahlentherapie.
Ein weiterer möglicher Auslöser ist die Typ-2-Neurofibromatose (NF2) – eine seltene Erbkrankheit, die durch Genveränderungen verursacht wird: Etwa 10 % aller NF2-Patienten bekommen ein Neurinom. Die Typ-2-Neurofibromatose selbst tritt bei etwa einem von 50.000 Menschen auf.
Charakteristisch für die erbliche NF2-Erkrankung sind auch beidseitige Akustikusneurinome (VestibularisSchwannom), die wir hier im ERCM – wie auch das spinale Neurinom – mit der robotergeführten, besonders schonenden Cyberknife-Therapie sowie dem ZAP-X behandeln können.
Unsere Passion für Präzision
Im Europäischen Radiochirurgie Centrum München haben wir bereits sehr viele Patientinnen und Patienten mit spinalen Neurinomen behandelt und verfügen somit bei dieser gutartigen Tumorerkrankung im Bereich der Wirbelsäule und des Rückenmarks über eine sehr große radiochirurgische Erfahrung. [3]
Welche Vorteile hat die Cyberknife-Therapie gegenüber herkömmlichen Behandlungsverfahren?
Mit der Cyberknife-Therapie können wir das Neurinom ambulant und ohne einen chirurgischen Eingriff behandeln. Es entstehen auch keine Komplikationen durch eine Fixierung oder eine offene Operation. Ein stationärer Krankenhausaufenthalt, eine Anschlussheilbehandlung oder ein Rehabilitationsaufenthalt sind ebenfalls nicht erforderlich.
Patienten können durch die innovative und hochmoderne radiochirurgische Technologie von einer äußerst präzisen, effektiven, schmerzfreien und komfortablen Behandlung auch bestimmter Wirbelsäulenerkrankungen profitieren [3]. Dem gewohnten Tagesablauf und bisherigen Aktivitäten können Sie beispielsweise als Patient in den meisten Fällen im Anschluss an Ihre Behandlung nachgehen.
Wir möchten Sie und Ihre Angehörigen auf dem Weg zu einem optimalen Therapiekonzept unterstützen und gemeinsam mit Ihnen eine Behandlungsentscheidung treffen, die Ihnen persönlich die bestmögliche Lebensqualität erlaubt. Sprechen Sie uns bei Fragen jederzeit für ein individuelles Erstgespräch an.
Definition
Was sind spinale Neurinome und wo im Körper kommen sie vor?
Neurinome sind bindegeweblich umkapselte Neubildungen (Neoplasien), die von spezialisierten Zellen (Schwann-Zellen) ausgehen, die ihrerseits im Nervensystem wichtige Funktionen erfüllen, beispielsweise für eine verbesserte Signalweiterleitung sorgen.
Kommt ein solches Neurinom in den äußerst sensiblen Nervenwurzeln Ihres Rückenmarks vor, spricht man vom spinalen Neurinom. Diese meist runden Tumoren sind gutartig und können sich auf jeder Ebene des Rückenmarks entwickeln. Sie befinden sich innerhalb des Wirbelkanals – am häufigsten in Abschnitten der Lendenwirbelsäule, gefolgt von Neurinomen im Bereich der Brustwirbelsäule. [6]
Ein spinales Neurinom im Bereich der Brustwirbelsäule im Schnittbild einer MRT-Untersuchung.
Häufige Symptome
Meist stellen spinale Neurinome einzelne (solitäre), rundliche Neubildungen dar. Liegt jedoch ursächlich die seltene chronische Erkrankung einer Neurofibromatose zugrunde, können auch mehrere (multiple) Tumoren vorhanden sein. Durch ihr meist sehr langsames Wachstum werden oft Nervenwurzeln sensibler Nerven im Wirbelsäulenkanal mit der Zeit eingeklemmt. Dadurch haben die Patientinnen und Patienten meist entsprechende (radikuläre) Schmerzen, die einseitig in das jeweilige Areal ausstrahlen.
Es gibt aber auch Fälle, in denen die Schmerzen in die gegenüberliegende Seite ausstrahlen können. Umso wichtiger ist die ausführliche Diagnostik und Erfassung Ihrer individuellen Patientengeschichte.
Erhöht sich nämlich der Druck im Wirbelsäulenkanal, können die Schmerzen durch diese Kompression stärker werden. Wird eine Nervenwurzel gar komplett zerstört, werden Beschwerden mitunter aber auch wieder geringer, um am Ende dieses Zerstörungsprozesses ganz auszusetzen.
Je nach Lage des spinalen Neurinoms kommt es mitunter auch zu:
Ursachen & Risikofaktoren
Spinale Neurinome können sporadisch auftreten, häufig stehen sie in Zusammenhang mit einer seltenen Erbkrankheit – der Neurofibromatose. In vielen Fällen bleiben die gutartigen Neubildungen zunächst asymptomatisch, machen also keine Beschwerden und werden deswegen auch oft zufällig entdeckt.
Für Sie als Patientin oder Patient liegt das Risiko unbehandelter Neurinome der Wirbelsäule vor allem in einer Kompression der Nervenwurzeln oder des Rückenmarks, denn: Die Folgen können eine völlige Zerstörung von Nervenwurzeln sein. Wird das Rückenmark sehr stark komprimiert und bleibt eine rechtzeitige Behandlung aus, kann sich eine Querschnittslähmung entwickeln.
Diagnose-Verfahren
Die Diagnostik beginnt bei dem Verdacht auf ein spinales Neurinom immer mit einem gründlichen persönlichen Gespräch über Ihre individuelle Patientengeschichte sowie mit verschiedenen neurologischen Untersuchungen. Zu den weiteren diagnostischen Tests gehören die moderne Schnitt-Bildgebung und – je nach Situation – eine Elektromyographie (EMG), die elektrische Aktivität bestimmter Muskeln misst, sowie eine Messung der Nervenleitgeschwindigkeit. [5]
Für eine gesicherte Diagnose spielen vor allem die Schnittbildverfahren der Computer-Tomographie (CT) und insbesondere Magnetresonanz-Tomographie (MRT) eine wichtige Rolle – sowohl zur Beurteilung z. B. des Tumorwachstums vor einer Therapie, aber auch zur Nachuntersuchung bzw. Verlaufskontrolle.
Bildgebende Verfahren wie eine MRT erlauben darüber hinaus auch einzuschätzen, inwieweit Einschränkungen Ihrer motorischen Fähigkeiten (z. B. Muskelkraft, Koordination) durch eine individuell passende Therapie möglicherweise wieder gebessert werden können. [6, 7, 8]
Welche Behandlungsmöglichkeiten gibt es?
Grundsätzlich stehen beim spinalen Neurinom unterschiedliche Behandlungsmethoden zur Verfügung. Die Standardbehandlung ist die mikrochirurgische Entfernung der gutartigen Tumoren. [4, 9]
In ausgewählten Situationen kann alternativ die hochpräzise Behandlung mit Robotersystemen wie dem Cyberknife für Sie infragekommen. Insgesamt bieten diese innovativen Technologien der Radiochirurgie immer dann eine zusätzliche Option, wenn etwa ein operativer Eingriff im speziellen Einzelfall nicht möglich oder von Ihnen als Patient nicht gewünscht ist. Darüber hinaus kommt die gezielte Cyberknife-Therapie auch nach einer mikrochirurgischen Operation zum Einsatz, wenn etwa Tumorreste verblieben sind, ein Rezidiv vorliegt – also ein bereits behandeltes spinales Neurinom erneut auftritt –, oder wenn mehrere Läsionen behandelt werden müssen. [4]
Die komplette operative Entfernung
Bei einem mikrochirurgischen Eingriff ist das Ziel, das spinale Neurinom möglichst komplett zu entfernen (Resektion). Dabei muss die Tumormasse zunächst vollständig von den umgebenden Nervenstrukturen sorgfältig isoliert werden. [6, 7] In mehr als 90 Prozent der Fälle kann der gutartige Tumor auch tatsächlich komplett entfernt werden. Allerdings sind mögliche vorherige Schädigungen von Nerven im Rückenmark trotz erfolgreicher Operation meist unwiederbringlich. In wissenschaftlichen Studien kam es bei etwa 30 % der operierten Patienten nach einer Resektion auch zu Komplikationen [8], am häufigsten waren neue oder auch sich verschlechternde Gefühlsstörungen.
Wachsen spinale Neurinome nach – was in seltenen Fällen passieren kann, etwa wenn Tumorreste verblieben sind –, ist eine wiederholte Operation möglich. In den meisten Fällen wird bei Rest-Neurinomen jedoch oft zunächst eine computer- oder kernspintomographische Verlaufskontrolle angestrebt. Der Grund: Es ist es möglich, dass zunächst ein jahrelanger Wachstumsstillstand eintritt – und deswegen auch bis zu einer erneuten Therapie abgewartet werden kann.
Es gibt jedoch Umstände, die generell gegen eine Operation sprechen können – darunter insbesondere der Allgemeinzustand der Patientinnen und Patienten, das individuelle Operationsrisiko oder auch die genaue Art und Lage des Tumors.
Die fraktionierte Strahlentherapie
Auch eine herkömmliche Strahlentherapie kann durchgeführt werden, wobei fraktioniert, also die Behandlung des spinalen Neurinoms auf mehrere Sitzungen aufgeteilt werden muss, da das Rückenmark sowie die Nervenwurzeln im Strahlenfeld liegen. Durch das fraktionierte Vorgehen sollen Schäden am gesunden Gewebe minimiert werden. Für die Patienten können dabei über 2 bis 4 Wochen zwischen 11 bis 25 Sitzungen notwendig sein.
Die Strahlentherapie kann ebenfalls nach einer Tumor-Operation im Sinne einer kombinierten Behandlungsstrategie erfolgen, z. B. um verbliebene, mikroskopisch kleine Zellnester auszuschalten.
Robotergeführte Cyberknife-Therapie:
Hochpräzise mehr Sicherheit
Ein modernes Verfahren in der Therapie von spinalen Neurinomen ist die Radiochirurgie mit dem robotergeführten Cyberknife-System. Mithilfe dieser äußerst präzisen Technologie können wir den Tumor mit höchster Zielgenauigkeit ambulant in einer einzigen Sitzung behandeln.
Wodurch unterscheidet sich die Cyberknife-Therapie von herkömmlichen Strahlentherapien?
Im Gegensatz zu einer herkömmlichen Strahlentherapie werden mit dem Cyberknife bzw. dank der fortschrittlichen nicht invasiven Technologien – wie wir sie heute in der modernen personalisierten Medizin bereits oft zur Verfügung haben –, die empfindlichen Regionen am Rückenmark und angrenzende gesunde Strukturen maximal geschont.
Eine zielgerichtete hohe Dosisgabe der Cyberknife-Therapie, die exakt auf die zu zerstörenden Tumorzellen fokussiert, ermöglicht diesen Effekt. Die langfristigen Kontrollraten – mit Ausschaltung der Tumorzellen und im Idealfall ohne nachwachsende Rezidive – liegen bei über 90 %. [3]
Während der Cyberknife-Therapie wird u. a. eine Echtzeit-Bildführung verwendet, die jene äußerst exakte Zielgenauigkeit ermöglicht – auch bei gelegentlichen natürlichen Patientenbewegungen, wie sie etwa durch die Atmung verursacht werden. [3] Eine kontinuierliche Verfolgung und Korrektur der Bewegung der Wirbelsäule während der gesamten Behandlung bilden somit eine wichtige Voraussetzung für die Erfolge der radiochirurgischen Behandlung als besonders effektive Therapieform.
Wann kommt die radiochirurgische Präzisionsbehandlung in Betracht?
Patientinnen und Patienten mit einem gutartigen spinalen Neurinom können in ausgewählten Situationen mit der Cyberknife-Therapie gut behandelt werden. So müssen vor allem die Größe, Art und Anzahl der Tumoren den für die radiochirurgische Behandlung geltenden Vorgaben entsprechen. Auch sollten keine akuten neurologischen Ausfälle vorliegen, denn in diesen Fällen ist eine Operation unumgänglich.
Die Cyberknife-Therapie, wie wir sie auch hier bei uns im ERCM durchführen, stellt beim spinalen Neurinom eine mögliche Behandlungsform dar, die Sie als Patientin oder Patient mit größtmöglicher Therapie-Sicherheit und für langfristige Gesundheit sowie bestmögliche Lebensqualität unterstützen kann.
Behandlungsanfragen
Komplexer gewordene Therapiemöglichkeiten bedeuten, dass die Entscheidung für eine Therapie immer mit Blick auch auf Ihre individuelle Lebenssituation erfolgen sollte. Uns ist es wichtig, dass Sie sowie Ihre Angehörigen und Menschen, die Sie unterstützen und begleiten, alle Aspekte rund um Ihre Erkrankung und deren Therapieoptionen gut verstehen und für sich einordnen können.
Wir begleiten Sie gemeinsam mit unseren medizinischen Partnern auf diesem Weg und sorgen mit unserem Team dafür, dass Sie sich von Anbeginn im ERCM gut aufgehoben fühlen.
Für Behandlungsanfragen bitten wir Sie, das Kontaktformular zu verwenden. Sie erreichen uns außerdem telefonisch während unserer Öffnungszeiten oder auch über unsere Social Media Kanäle.
Ihre Anfrage wird individuell und schnell bearbeitet.
Ein spinales Neurinom ist ein langsam wachsender, gutartiger Tumor, der meist von einer Bindegewebskapsel umgeben ist und das umliegende Gewebe durch sein Wachstum verdrängt. Er kann durch die Wahl der individuell passenden Therapie oft sehr gut und sicher behandelt werden.
Die Wahrscheinlichkeit, dass ein spinales Neurinom bösartig wird (Neurofibrosarkom), ist äußerst gering (weniger als 1 %). Arme und Beine sind in solchen Fällen besonders oft betroffen, während das gutartige spinale Neurinom vor allem im Bereich der Wirbelsäule auftritt.
Das Wachstum zeigt sich in der Regel äußerst langsam mit etwa 1 bis 2 mm pro Jahr. Dies ermöglicht es für die betroffenen Patientinnen und Patienten, bei frühzeitiger Diagnose zunächst in regelmäßigen Verlaufskontrollen das weitere Wachstumsverhalten des Tumors zu beobachten, bevor eine geeignete Therapieentscheidung getroffen wird.
Ein entferntes spinales Neurinom entwickelt sich in der Regel nicht erneut. Selten können jedoch Teile des Tumors nicht operativ entfernt werden, in diesen Fällen ist auch ein erneutes Wachstum möglich. In solchen Situationen kann die besonders schonende, radiochirurgische Cyberknife-Therapie eingesetzt werden, um die nachgewachsenen oder auch verbliebene Tumorreste zu entfernen, ohne das umliegende Gewebe dabei zu schädigen.
Nur in sehr seltenen Fällen (ca. 1 bis 2 %) bilden sich die gutartigen Tumoren auch ohne Behandlung spontan zurück.
[1] Conti, P., Pansini, G., Mouchaty, H., Capuano, C., Conti, R., Spinal neurinomas: Retrospective analysis and long-term outcome of 179 consecutively operated cases and review of the literature. Surg Neurol. 2004;61(1):34-43.
[2] Hirano, K., Imagama, S., Sato, K., Kato, F., Yukawa, Y., et al., Primary spinal cord tumors: Review of 678 surgically treated patients in Japan. A multicenter study. European Spine J. 2012;21:2019-2026.
[3] Muacevic, A., Sahgal, A., Tonn, J. C., Spinal Robotic Radiosurgery. In book: In book: Oncology of CNS Tumors 2019;pp.695-701.
[4] Kufeld, M., Wowra, B., Muacevic, A., Zausinger, S., Tonn, J. C., Radiosurgery of spinal meningiomas and schwannomas. Technol Cancer Res Treat. 2012;11(1):27-34.
[5] Chan, A. Y., Chan, A. K., Miller, C. A., Jacques, L. G., Mummaneni, P. V., Management of intradural and extradural spinal schwannomas. In: Arnautović, K. I., Gokaslan, Z. L. (eds) Spinal Cord Tumors; Springer, Cham 2019:171-186.
[6] Lenzi, J., Anichini, G., Landi, A., Piciocchi, A., Passacantilli, E., et al., Spinal Nerves Schwannomas: Experience on 367 Cases, Historic Overview on How Clinical, Radiological, and Surgical Practices Have Changed over a Course of 60 Years. Neurol Res Int. 2017;ID 3568359:1-12.
[7] Srinivas, M., Nichkaode, P., Sharma, B., Haval, S., Schwannoma as Extraspinal Swelling Over the Thoracolumbar Region: A Tumor at a Rare Site. Cureus. 2024;16(4):e58157.
[8] Kobayashi, K., Imagama, S., Ando, K., Hida, T., Ito, K., et al., Contrast MRI findings for spinal schwannoma as predictors of tumor proliferation and motor status. Spine (Phila Pa 1976). 2017;42(3):E150-155.
[9] Safaee, M. M., Lyon, R., Barbaro, N. M., Chou, D., Mummaneni P. V., et al. Neurological outcomes and surgical complications in 221 spinal nerve sheath tumors. J Neurosurg Spine. 2017;26(1):103-111.